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Berberian Sound Studio

Ton statt Handlung
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[Anzahl der Stimmen: 4 Durchschnitt: 4]

Mindfuck-Level: Fortgeschrittener

Film mag zwar ein audiovisuelles Medium sein, doch häufig ist dabei das Bild auffälliger als die Tonspur. Berberian Sound Studio von Peter Strickland versucht, den umgekehrten Weg zu gehen, und stellt ausdrücklich die Arbeit eines Toningenieurs in den Vordergrund. Entsprechend gewinnt auch die Tonspur des gesamten Films an Bedeutung. Doch damit nicht genug: Nach einer ziemlich klaren ersten Hälfte driftet der Film immer mehr in Richtung Mindfuck ab.

Der Klang des Horrors

Der britische Toningenieur Gilderoy (Toby Jones) soll die Toneffekte in dem italienischen Film The Equestrian Vortex verantworten. Gilderoy ist eigentlich auf Natur- und Kinderfilme spezialisiert und ist entsprechend überrascht, als Produzent Francesco (Cosimo Fusco) und Regisseur Santini (Antonio Mancino) ihm einen Horrorfilm vorsetzen. Er macht sich trotzdem an die Arbeit, fühlt sich aber angesichts der brutalen Inhalte des Films zunehmend unwohl. Außerdem wirkt der schüchterne Brite unter den groben und unhöflichen Italienern stets wie ein Fremdkörper. Nicht einmal seine Bemühungen, die Kosten für seinen Flug erstattet zu bekommen, sind erfolgreich. Zunächst fühlt sich niemand zuständig, später scheint es so als hätte der fragliche Flug gar nicht existiert.

Film und Wirklichkeit – Das Ende von Berberian Sound Studio

Die Auflösung von Berberian Sound Studio

Eine der Hauptdarstellerinnen wird von Santini sexuell bedrängt und steigt aus dem Filmprojekt aus. Sie zerstört aus Rache viel fertiges Material, so dass Gilderoy mit einer neuen Darstellerin, Elisa (Chiara D’Anna), noch einmal von vorne beginnen muss. Gleichzeitig beginnen Film und Realität miteinander zu verschmelzen. Gilderoy wird nachts durch Klopfen und Rütteln an seiner Zimmertür in Angst versetzt und sieht diese Szene anschließend noch einmal als Filmprojektion. Elisa will ihren Text üben und rezitiert stattdessen einen Brief von Gilderoys Mutter. Als Elisa für eine Szene nicht überzeugend genug schreien kann, spielt Gilderoy ein lautes und höchst unangenehmes Geräusch auf ihren Kopfhörer. Elisa hält es nicht mehr aus und steigt ebenfalls aus dem Filmprojekt aus.

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Grenzverwischungen – Der Mindfuck von Berberian Sound Studio

Analyse des Mindfuck von Berberian Sound Studio

In der Theorie sind die Realitätsebenen eines Films klar voneinander getrennt. Wenn innerhalb des Films ein weiterer Film gemacht wird, landen die Hauptfiguren des ursprünglichen Films nicht im Film-im-Film. Auch Geschehnisse aus dem Film-im-Film haben keine direkte Auswirkung auf den ursprünglichen Film. Bei Berberian Sound Studio scheint das anders zu sein. Zwar sieht der Zuschauer kaum etwas aus The Equestrian Vortex, doch Gilderoy findet sich plötzlich in typischen Horror-Bedrohungsszenarien wieder. Dazu spricht er fließend Italienisch, obwohl er kurz zuvor noch kein Wort verstanden hatte. Die wahrscheinlichste Erklärung für diese Elemente des Mindfuck ist, dass der schüchtern-verklemmte Gilderoy nicht mit der blutigen und brutalen Handlung von The Equestrian Vortex umzugehen weiß. Dadurch fühlt er sich auch in seiner Realität plötzlich bedroht und verfolgt und nimmt sich selbst wie einen Bestandteil des Films wahr, an dem er arbeitet. Deshalb ist der eigentlich sanfte Tontechniker auch bereit, Elisa am Schluss des Films einer Form der akustischen Folter zu unterziehen, um ihr einen glaubwürdigen Schrei zu entlocken. Ausdrücklich aufgelöst wird die Herkunft der rätselhaften Szenen in Berberian Sound Studio jedoch nicht.

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Fazit

In erster Linie ist Berberian Sound Studio eine Hommage an den italienischen Giallo-Horrorfilm und an das wenig gewürdigte Handwerk des Tontechnikers. Auf dieser Ebene funktioniert der Film auch durchaus und es ist interessant zu sehen, wie viel Gemüse dran glauben muss, um glaubwürdig die Geräuschkulisse eines Horrorfilms zu erzeugen. Über seine Faszination mit dem Filmton vergisst Berberian Sound Studio jedoch seine Geschichte. Die Handlung lässt schon vor den Mindfuck-Sequenzen kaum einen roten Faden oder ein Ziel erkennen und auch in der zweiten Hälfte erschließen sich kaum Zusammenhänge zwischen den Szenen. Gleichzeitig sind aber auch die Momente der Irritation zu selten und zu wenig konsequent, um einen nicht aufgelösten Mindfuck im Stile von David Lynch hervorzubringen. Das ist schade, denn so bleiben von Berberian Sound Studio nur eine interessante Tonebene und einige schöne Bilder. Für einen guten Mindfuck-Film ist das leider zu wenig.

Weiterführende Links

Berberian Sound Studio bei www.imdb.com
Berberian Sound Studio bei www.rottentomatoes.com
Rezension zu Berberian Sound Studio bei www.artechock.de

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Bildnachweis: Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von Rapid Eye Movies

Bernd Leiendecker
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