Mindfuck-Level: Fortgeschrittener
Der Spielfilm – egal ob aus Hollywood oder aus Westeuropa – stellt die Familie häufig als erstrebenswertes Ziel dar. Entsprechend positiv besetzt sind meistens Figuren wie Vater, Mutter und Kind. In Horrorfilmen und Psychothrillern wird diesem Familienbild allerdings manchmal widersprochen. Wenn das Leben der Kernfamilie von innen heraus bedroht ist oder die Familie durch einen Eindringling in Schieflage gerät, ist dies oft höchst wirkungsvoll. Ein solcher Gegenentwurf stärkt aber trotzdem das Ideal der liebevollen Kleinfamilie. Die Bedrohung der Familie ist auch das Thema des österreichischen Films Ich seh, ich seh von Severin Fiala und Veronica Franz. Bekannte (Mindfuck-)Motive werden hier in ein vermeintliches Alpenidyll überführt.
Vertraute Fremde
Die Zwillinge Elias (Eilas Schwarz) und Lukas (Lukas Schwarz) verbringen einen unbeschwerten Sommer in einer abgelegenen Villa im ländlichen Österreich. Doch als ihre Mutter (Susanne Wuest) mit bandagiertem Gesicht aus dem Krankenhaus kommt, ist nichts wie vorher. Die beiden fremdeln mit ihrer plötzlich schroffen Mutter. Diese erteilt plötzlich zahlreiche Verbote und schließlich verbietet sie Elias sogar, mit seinem Bruder zu sprechen. Die Zwillinge sind sich sicher: Nicht ihre Muttter ist aus dem Krankenhaus zurückgekehrt, sondern eine fremde Frau.
Die Wahrheit finden – Das Ende von Ich seh, ich seh
Die beiden Jungen greifen zu radikalen Maßnahmen. Sie fesseln die Frau ans Bett und beginnen, sie zu foltern. Doch die Frau beharrt darauf, wirklich die Mutter zu sein. Nach einem missglückten Fluchtversuch kleben die Zwillinge die Frau mit Sekundenkleber am Fußboden fest und drohen ein Feuer zu legen. Da rückt die Frau mit der Wahrheit heraus. Sie ist natürlich die Mutter von Elias und Lukas, doch Lukas ist bei einem Unfall gestorben. Nur Elias bildet sich ein, dass sein Bruder noch lebt, doch in Wirklichkeit ist er für alles allein verantwortlich. Elias lässt sich nicht überzeugen und folgt der Eingebung seines imaginären Bruders: Er setzt die Vorhänge in Brand und seine Mutter kommt in den Flammen um.
Brüder im Geiste – Der Mindfuck von Ich seh, ich seh
Zunächst scheint Ich seh, ich seh die Geschichte über einen bedrohlichen Eindringling in die heile Familienwelt zu sein. Doch ungefähr nach der Hälfte der Spielzeit kippt die Figurenkonstellation und die Geschichte stellt sich schließlich als klassischer Mindfuck heraus. Das Motiv des toten Geschwisterkindes ist schon aus dem südkoreanischen A Tale of two Sisters und dem US-Remake The Uninvited bekannt und wird hier nur wenig variiert. Dass der stille Lukas scheinbar nur mit seinem Bruder spricht, wird als Schüchternheit abgetan. Der abgelegene Schauplatz sorgt dafür, dass es kaum Zeugen gibt, denen das seltsame Verhalten von Elias auffallen könnte.
Fazit
Ich seh, ich seh schafft es durchaus, eine beklemmend-bedrohliche Atmosphäre zu erzeugen. Das emotionslose Verhalten der Kinder und das Rätsel um die veränderte Mutter tragen entscheidend dazu bei. Allerdings erzählt der Film höchst gemächlich, so dass man durchaus behaupten kann, dass lange Zeit fast nichts passiert. Wer also nach Handlung sucht und nicht nach Atmosphäre, dürfte sich eher langweilen. Vor seinen direkten Vorbildern muss sich Ich seh, ich seh sicher nicht verstecken. Doch für den ganz großen Wurf reicht es leider auch nicht.
Weiterführende Links
Ich seh, ich seh bei www.imdb.com
Ich seh, ich seh bei www.rottentomatoes.com
Filme wie Ich seh, ich seh
A beautiful Mind (USA 2001, Ron Howard)
Angel Heart (Großbritannien/Kanada/USA 1987, Alan Parker)
Black Swan (USA 2010, Darren Aronofsky)
Das geheime Fenster (USA 2004, David Koepp)
Das letzte Problem (Österreich 2019, Karl Markovics)
Dédales (Frankreich/Belgien 2003, René Manzor)
Der Fluch der 2 Schwestern (USA/Kanada/Deutschland 2009, The Guard Brothers)
Enemy (Kanada/Spanien/Frankreich 2013, Denis Villeneuve)
Fight Club (USA/Deutschland 1999, David Fincher)
Hide and Seek (USA/Deutschland 2005, John Polson)
High Tension (Frankreich/Italien/Rumänien 2003, Alexandre Aja)
Identität (USA 2003, James Mangold)
Revolver (Frankreich/Großbritannien 2005, Guy Ritchie)
Stereo (Deutschland 2014, Maximilian Erlenwein)
The Machinist (Spanien/USA 2004, Brad Anderson)
The Ward (USA 2010, John Carpenter)
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Bildnachweis: Bilder mit freundlicher Genehmigung der Koch Media GmbH
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