Mindfuck-Level: Fortgeschrittener
Christian Petzold gehört zu den bekannteren deutschen Filmemachern unserer Zeit. Ohne dies von Anfang an so geplant zu haben, legte er mit Die innere Sicherheit, Gespenster und Yella seine so genannte Gespenster-Trilogie vor – drei Filme, die sich mit Leben, Tod und dem Dazwischen beschäftigen. Für die Hauptrolle in Yella arbeitete Petzold mit Nina Hoss zusammen, die sich zu einer Art Stammschauspielerin von ihm entwickelt hat. Dabei lotet Yella den Grenzbereich zwischen Leben und Tod auf eine Weise aus, wie sie im Mindfuck öfters anzutreffen ist.
Neue Stadt, neue Perspektiven?
Yella Fichte (Nina Hoss) lebt von ihrem Mann Ben (Hinnerk Schönemann) getrennt und besucht ihre Heimatstadt Wittenberge nur kurz, bevor sie einen Job als Buchhalterin in Hannover antritt. Sie hält Distanz zu Ben, nimmt aber schließlich sein Angebot an, sie zum Bahnhof zu fahren. Stattdessen fährt Ben mit ihr auf das Gelände seiner maroden Firma und wirft ihr vor, ihn und die Firma im Stich zu lassen. Schließlich steuert er seinen Wagen absichtlich in einen Fluss. Beide Fahrzeuginsassen werden ans Ufer gespült und Yella macht sich sofort auf den Weg nach Hannover. Hier muss sie feststellen, dass gegen ihren neuen Arbeitgeber ermittelt wird und ihre Anstellung deshalb geplatzt ist.
In ihrem Hotel trifft sie auf Philipp (Devid Striesow), der für eine Private-Equity-Firma die Finanzierung von Unternehmen prüft. Aufgrund ihrer buchhalterischen Fähigkeiten bittet er seine neue Bekannschaft, ihn zu einem Termin zu begleiten. Dort macht sie eine gute Figur und wird von Philipp mit 1.000 € in bar entlohnt. Obwohl sie schnell herausfindet, dass Philipp seine Firma betrügt, arbeitet sie weiter mit ihm zusammen. Gleichzeitig fühlt sie sich aber von Ben verfolgt, der ihr am Hotel auflauert.
Reich oder tot? – Das Ende von Yella
Als Ben sie eines Abends in ihrem Zimmer erwartet, flieht Yella in die Arme von Philipp und verbringt die Nacht mit ihm. Sie entschließt sich, ihn auch zu weiteren Geschäftsterminen nach Dessau zu begleiten. Unterwegs eröffnet ihr Philipp seinen Plan: Das abgezweigte Geld möchte er in eine extrem erfolgsversprechende Firma investieren. Dafür fehlen ihm noch 200.000 €. Doch sein Arbeitgeber teilt ihm mit, dass Dessau sein letzter Auftrag sein wird. Seine Betrügereien sind aufgeflogen. Yella versucht, das Geld vom Inhaber der Dessauer Firma zu erpressen und treibt ihn damit in den Selbstmord. Sie flieht nach Wittenberge und kommt in Bens Wagen wieder zu sich, kurz bevor er ihn in den Fluss steuert. In Wirklichkeit ist sie bei dem Unfall gestorben und die folgenden Ereignisse sind nie so geschehen.
Kapitalismus als Horrorvision – Der Mindfuck von Yella
Der Mindfuck von Yella überführt das bekannte Motiv des unbewussten Todes in ein neues Genre. Während der unbewusste Tod in Filmen wie The Sixth Sense oder Tanz der toten Seelen, von dem Petzolds Film viele Motive übernimmt, dem Horrorfilm vorbehalten ist, muss Yella eher als Drama angesehen werden. Entsprechend spielt die Haupthandlung auch nicht in einer vordergründig gruseligen oder bedrohlichen Welt, doch einladend wirkt auch das Umfeld der Turbo-Kapitalisten nicht. Im Gegenteil: Während sich Yella im ersten Durchlauf des Autounfalls noch wehrt, fügt sie sich im zweiten Durchlauf widerspruchslos in ihren Tod. Offenbar betrachtet sie das Erlebte als eine Art prophetische Zukunftsvision.
Viele Hinweissignale auf Mindfuck liefert der Film nicht. Wer das Erzählmuster kennt ist durch den Autounfall zu Beginn womöglich vorgewarnt. Danach zeugen nur vereinzelte Krähenrufe und scheinbar unmotivierte Wassergeräusche davon, dass etwas nicht stimmt. Beides spielt natürlich auf Yellas Tod durch Ertrinken an. Ein weiterer gut verdeckter Hinweis ist, dass Yella bereits in Hannover am Haus des Dessauer Firmeninhabers vorbeigeht. Das das Haus eigentlich in Dessau steht, kann man also womöglich bemerken, dass die räumlichen Zusammenhänge der Welt nicht so sind, wie sie sein sollten.
Fazit
Yella liefert einige vielversprechende Ansätze und wirft einen höchst pessimistischen Blick auf die Wirtschaft in Ost- und Westdeutschland. Dabei schafft der Film durchaus eine kühle und trostlose Atmosphäre, doch die Kombination mit Mindfuck-Elementen geht nicht ganz auf. Dafür ist die Situation der Hauptfigur zu wenig bedrohlich oder mysteriös. Auch der Subplot um Bens Stalking wirkt eher aufgesetzt und verliert sich schließlich im Nichts. Was bleibt ist die Erkenntnis, dass Kapitalismus in seiner extremen Ausprägung auch eine Art von Hölle darstellt und dass das Hinterherjagen nach immer größeren Profiten letztlich ins Unglück führt. Dafür hätte es den Mindfuck aber nicht unbedingt gebraucht.
Weiterführende Links
Yella bei www.imdb.com
Yella bei www.rottentomatoes.com
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Bildnachweis: Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von Studiocanal Home Entertainment
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